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DER TAGESSPIEGEL
14. November 2003

Der große Umzug
Klaus-Dieter Lehmann packt aus:
Der Generaldirektor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sortiert die Berliner Kunstsammlungen neu

Herr Lehmann, es gibt Neuigkeiten bei der Planung der Museumsinsel. Das Ägyptische Museum soll nun schon 2005 dorthin umziehen, um in Charlottenburg der Sammlung Scharf Platz zu machen. Was steckt dahinter?

Ich fange mit der Museumsinsel an. Uns ist in diesem Jahr trotz schlechter Rahmenbedingungen ein Durchbruch gelungen. Beim Bodemuseum sind wir im Zeitrahmen: 2005 können wir das Gebäude eröffnen, 2006 die komplette Ausstellung. Beim Neuen Museum haben wir im Sommer endlich die Baugenehmigung erhalten. Das Pergamonmuseum war die größte Hürde. Doch auch hier haben wir nach langem Hin und Her mit Finanzminister Eichel nun den Planungsauftrag für die Programmfindung.

Es heißt, Sie suchen für das Pergamonmuseum nach einer billigeren Lösung.

Wir haben mit dem Bund die parallele Untersuchung zweier Alternativen vereinbart, die ursprüngliche und eine reduzierte. Als unverzichtbare Nutzervorgaben sind festgelegt: genug Platz für die ägyptische Großarchitektur, die Schaffung einer Verbindung auf der Hauptausstellungsebene als geschlossener Rundgang und Optionen für Anschlüsse an die benachbarten Museumsgebäude. Die Frage ist: Gibt es eine Lösung, die diese Forderungen preiswerter erfüllt?

Und warum wollen Sie auf der Museumsinsel mit dem Ägyptischen Museum ab 2005 auch noch ein Provisorium errichten?

Die Museumsinsel besteht ja nicht in erster Linie aus Gebäuden, sondern aus Sammlungen. Dabei spielt die Ägyptische Sammlung eine bedeutende Rolle. Wir diskutieren seit eineinhalb Jahren, wie es möglich ist, die Ägypter früher als 2009 auf die Insel zu bringen. Das Alte Museum ist hierfür ideal. Dort haben wir erfolgreiche Wechselausstellungen veranstaltet, aber die können genauso gut in den Gropius-Bau. Der erste Stock ist mit 1200 Quadratmetern so groß wie das Charlottenburger Museum; wir können bis zur Eröffnung des Neuen Museums spielerisch eine neue Präsentation der Ägyptischen Sammlung erarbeiten. Was uns dafür fehlte, war das Geld.

Geld, das für den Umbau nötig wäre.

Ja, wir müssen die Infrastruktur im Alten Museum teils erneuern und eine Ausstellungsarchitektur erstellen, die dem Besucheransturm gewachsen ist. Die gute Nachricht: Wir haben jetzt eine Finanzierung. Das Kuratorium Museumsinsel, in dem die großen Unternehmen Deutschlands vereinigt sind, hat uns vor 14 Tagen zugesagt, dass sie den Umbau im ersten Stock, den Umzug und die Einrichtung der Ausstellung übernehmen. Es geht um Millionenbeträge. Die übrigen Verbesserungen tragen wir aus eigenen Mitteln.

Können Sie das genauer beziffern?

Es ist ein hoher einstelliger Millionenbetrag. Wohlgemerkt: Das sind keine öffentlichen Mittel, sondern echte Mäzene. Sie ermöglichen es uns, schon 2005 alle Sammlungen auf der Insel zu vereinigen. Und es bedeutet für uns auch eine wichtige strategische Unterstützung bei den Planungen.

Das heißt, der östliche Stülerbau in Charlottenburg, der bisher die Ägypter beherbergte, bietet deshalb dann Platz für die Sammlung Scharf?

Exakt. Jetzt konnten wir sagen: Mit Charlottenburg klappt es schon früher. Dass wir den Standort anders profilieren müssen, war klar. Durch die Surrealisten-Sammlung haben wir neben der von Heinz Berggruen eine wunderbare Abrundung des Quartiers.

Geht das nicht auf Kosten der Nationalgalerie? Je mehr Einzelsammlungen der Moderne nach Berlin kommen, desto mehr wird die Nationalgalerie in den Schatten gestellt.

Es ist in der Tat ein Akzent, der in die unmittelbare Zuständigkeit der Nationalgalerie gehört. Wir wollen das über die Kuratoren auch vernetzen. Aber da der westliche Stülerbau mit der Sammlung Berggruen nun einmal so prominent besetzt ist, waren wir verpflichtet, die Qualität auch beim Gegenüber zu halten.

Wäre eine Aufwertung des Standorts Charlottenburg mit Helmut Newton nicht noch besser? Die ursprüngliche Planung, die NewtonSammlung in den östlichen Stülerbau zu verlegen, war doch nur am Zeitplan gescheitert.

Für Newton hätten wir zu viel umbauen müssen, das wäre sehr teuer geworden. In der Jebensstraße, wo die Sammlung 2004 eröffnen soll, ist das nicht der Fall. Außerdem gab es noch ein anderes Argument: Das Gebäude der Jebensstraße gehörte Berlin, wir nutzten es nur für unsere Depots. Dann wurde das Gebäude dem Liegenschaftsfonds des Landes Berlin zugeschlagen und sollte verkauft werden; wir hätten dort ohnehin ausziehen müssen. Die Idee, die Jebensstraße mit der Newton-Sammlung neu zu nutzen, hat nicht nur diese Gefahr abgewendet, sondern uns für den symbolischen Preis von einem Euro zu Eigentümern gemacht. Außerdem ist es ein Identifikationsort für Newton, und er liegt zwischen der UdK und der TU Berlin.

Nun müssen stattdessen die Depots in das Museum für Europäische Kulturen in Dahlem umziehen.

Ein großer Teil der Depots gehört ohnehin zu diesem Museum. Wir sind mit dem jetzigen Ausstellungsbereich des Museums in Dahlem nicht gut bedient. Das Gebäude im Winkel ist eigentlich ein Depotgebäude, als Museum ist es ein Provisorium. Deshalb werden die Europäischen Kulturen nun ins Dahlemer Hauptgebäude ziehen.

Das bedeutet, die Dahlemer Museen werden nun doch neu geordnet? Eigentlich sollen sie doch an den Schlossplatz verlegt werden.

Im Zusammenhang mit dem zweijährigen Moratorium für den Schlossplatz sind wir ohnehin gezwungen, uns für Dahlem etwas zu überlegen. Wir wollen dort ausprobieren, was wir am Schlossplatz vorhaben. Wir werden unser "Labor der geistigen Begegnung" in Dahlem eröffnen, mit allen Allianzen, die für den Schlossplatz geplant sind.

Was gibt Ihnen, da das Moratorium nun einmal da ist, noch die Hoffnung, dass die Dahlemer Museen eines Tages wirklich auf den Schlossplatz ziehen? Ist es nicht eher der Anfang vom Ende der Schlossidee?

Zum einen hat die letzte Kommission ihre Botschaft deutlich verkündet: Das Ziel, das Schloss über 80 Prozent kommerzielle Nutzung und 20 Prozent Kunst zu finanzieren, wird nicht weiter verfolgt, sondern der Vorschlag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurde inhaltlich bestätigt. Zweitens wollen wir zumindest die Möglichkeit haben, weiterhin planen zu können. Wer sich einmal abspeisen lässt, hat ohnehin verloren. Und es gibt noch einen Punkt: Wenn der Abriss des Palasts der Republik nun erfolgt ...

... das hat heute der Bundestag entschieden ...

...wird diese Baugrube, dieses Loch im Herzen der Stadt, eine solch starke Symbolik bekommen, dass sie dazu zwingen wird, auf dem Schlossplatz zu handeln. Politiker unterschätzen oft die Kraft solcher Symbole. Ob es nun das Holocaust-Mahnmal oder das Vertriebenenzentrum ist, diese Themen entwickeln eine Eigendynamik. Ich glaube deshalb, dass die öffentliche Meinungsbildung hilfreich für uns sein wird.

Sie sehen optimistisch in die Zukunft?

Unbedingt. Wir stehen so schlecht nicht da: Wir haben die Museumsinsel mit den Sammlungen relativ früh profiliert, wir haben für Charlottenburg eine gute Perspektive und wir haben einen dynamischen Ansatz für Dahlem gefunden. Und am Schlossplatz bauen wir jetzt erstmal eine Infobox.

Das Gespräch führte
Christina Tilmann

DER TAGESSPIEGEL
20. September 2003
Verrückt nach Geschichten
Generalprobe, garniert mit Moritaten:
Traditionelle und moderne Erzähler treffen sich im Museum Europäischer Kulturen.
VON DOROTHEE NOLTE
HÖRT, HÖRT die traurige Geschicht'... Lielo Eder und ihr Mann Eugen bringen eigens angefertigte Moritatentafeln mit zu ihrem Auftritt im Museum Europäischer Kulturen                                                                                        Fotos: privat
Niemals, dachte Eugen Eder lange, niemals finde ich eine Frau, die so verrückt ist, mit mir durch die Lande zu ziehen und Moritaten zu singen. Und so reiste der gelernte Instrumentenbauer alleine umher mit seiner Drehorgel und der Gitarre - bis zu jenem denkwürdigen Drehorgelfest in Ostfriesland im Jahre 1998. Bei jenem Treffen geschah es, dass ihm eine Verrückte über den Weg lief, Lielo, ehemalige Gastronomin, Drehorgelspielerin und seit ihrer Berliner Kindheit süchtig nach Moritaten. Sie beschlossen, miteinander aufzutreten. Gesagt, getan, geheiratet: Seit fünf Jahren ziehen die beiden gemeinsam herum und pflegen die Kunst des traditionellen Erzählens, mit Gitarre, Drehorgel, selbstgebauten Trommeln, mit Knickhalslaute und Panflöte im Gepäck.

Ihre wichtigsten Utensilien sind eine große Sammlung von Moritatenbildern, der Zeigestock und die Bank, auf die sich Sänger oder Sängerin stellen und die dem "Bänkelsang" seinen Namen gab. Die ersten Moritaten - Lieder über traurige oder schaurige Begebenheiten, die vor einer Leinwandtafel mit meist fünf bis sechs Bildern vorgetragen werden - stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert. "Bänkelsänger waren damals meistens arme Schweine", erzählt Lielo Eder, "oft Kranke oder Kriegsversehrte, die keinen anderen Lebensunterhalt hatten." Immerhin konnten sie auf ein geduldiges Publikum zählen: Moritaten hatten bis zu 40 Strophen. "Das hält heute keiner mehr aus", sagt Lielo Eder. Die beiden kürzen also die Geschichten auf sechs bis acht Strophen und sprechen oder singen "normales, verständliches Deutsch".
Wer die beiden Bänkelsänger und ganz moderne Erzähler gleichzeitig erleben möchte, der sollte am Freitag oder am Sonnabend ins Museum Europäischer Kulturen in Dahlem kommen. An diesen Tagen werden je zwanzig Teilnehmer des Tagesspiegel-Erzählwettbewerbs mit Schreib- und Sprechdozenten an ihren Geschichten und ihrem Vortrag feilen, um sich auf das öffentliche Erzählfest am 21. September vorzubereiten. Diese "Erzählwerkstatt", die dank der Unterstützung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung stattfinden kann, spielt sich hinter verschlossenen Türen ab. Zwischen 15 und 17 Uhr aber treten die Erzähler zur öffentlichen Generalprobe an, und im Anschluss daran, am Sonnabend auch mittags, singen und spielen Lielo und Eugen Eder.
Das kleine und feine Museum Europäischer Kulturen eignet sich besonders als Ort für die Erzählwerkstatt und den Auftritt der Bänkelsänger. Es beherbergt nämlich eine Dauerausstellung "Faszination Bild - Kulturkontakte in Europa", in der die Geschichte des populären Bildes, vom Guckkasten über Stereofotografie bis zum Film, nachgezeichnet wird. Darin finden sich auch großformatige, drei Meter hohe und zwei Meter breite historische Moritatentafeln, die der Filmregisseur Robert A. Stemmle als Vorgeschichte des Films gesammelt hat, die größte Sammlung in Deutschland. Sie stammen aus der Blütezeit des Moritatengesangs, dem 19. Jahrhundert, und zu einer von ihnen - "Die Kinder des Kapitän Bêllmont" - wird eine Tonaufnahme eingespielt.


"Die Moritaten hatten auch eine sozialkritische Dimension", sagt der Direktor des Museums, der Sozial- und Kulturhistoriker Konrad Vanja - etwa wenn sie das schlimme Schicksal verlassener Kinder, von Auswanderern nach Amerika oder die Folgen ungerechter Gerichtsurteile beschrieben. Nicht ohne Grund wurden die wandernden Sänger daher auch von der Obrigkeit genau beäugt: Ging es doch in den Liedern um die "mores", die Sitten, also letztlich die Frage, wie es um die Gesellschaft bestellt ist, mitsamt einer - meist versöhnlichen - "Moral von der Geschicht'" am Ende.
"In Italien gibt es bis heute Straßensänger, die politische Streitgespräche führen", erzählt Vanja, der im vergangenen Jahr eine Veranstaltung im Rahmen der Italienischen Kulturtage zu diesen "cantastorie italiani" gestaltet hat. Die traditionellen Bänkelsänger konkurrierten mit anderen Stadt- und Dorfarmen, die ihr Geld damit verdienten, Kasperlespiele aufzuführen, Guckkästen zur Schau zu stellen oder auf dem Rücken ein kleines Theaterchen mit sich zu führen - auch solche Aufklapp-Theater sind im Museum Europäischer Kulturen zu sehen. Wer also zur Generalprobe der Erzähler kommt, sollte auch Zeit für die Ausstellungen einplanen. Eine Sonderausstellung widmet sich "MigrationsGeschichte(n) in Berlin" (Museumseintritt 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro, Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10-18 Uhr, sonnabends und sonntags 11-18 Uhr).
Die Moritatenbilder, die Eugen und Lielo Eder mitbringen, sind keine historischen, sondern sie werden von Malern nach den Vorbildern extra angefertigt. Und noch etwas hat sich verändert: Die traditionellen Bänkelsänger sangen ihre rührseligen oder schaurigen Geschichten und die Zuhörer weinten dabei. Das ist nicht das Ziel der temperamentvollen Lielo. "Wir bringen die Leute eher zum Lachen."

  Eugen und Lielo Eder treten, je nach Wetter, in oder vor dem Museum Europäischer Kulturen auf, am Freitag um 17 Uhr und am Sonnabend um 12 Uhr 30 und 17 Uhr (Im Winkel 6-8, Dahlem). Am Freitag um 20 Uhr gestalten sie einen Abend "600 Jahre Bänkelsang und Moritat" im Gemeindesaal der Evangelischen Kirchengemeinde Neu-Westend (Eichenallee 53, Eintritt frei). Das öffentliche Erzählfest findet am 21. September von 15 bis 18 Uhr in den Museen Dahlem (Lansstraße 8) statt.  

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