Herr Lehmann,
es gibt Neuigkeiten bei der Planung der Museumsinsel. Das Ägyptische
Museum soll nun schon 2005 dorthin umziehen, um in Charlottenburg
der Sammlung Scharf Platz zu machen. Was steckt dahinter?
Ich fange mit
der Museumsinsel an. Uns ist in diesem Jahr trotz schlechter Rahmenbedingungen
ein Durchbruch gelungen. Beim Bodemuseum sind wir im Zeitrahmen:
2005 können wir das Gebäude eröffnen, 2006 die komplette
Ausstellung. Beim Neuen Museum haben wir im Sommer endlich die Baugenehmigung
erhalten. Das Pergamonmuseum war die größte Hürde.
Doch auch hier haben wir nach langem Hin und Her mit Finanzminister
Eichel nun den Planungsauftrag für die Programmfindung.
Es heißt,
Sie suchen für das Pergamonmuseum nach einer billigeren Lösung.
Wir haben mit
dem Bund die parallele Untersuchung zweier Alternativen vereinbart,
die ursprüngliche und eine reduzierte. Als unverzichtbare Nutzervorgaben
sind festgelegt: genug Platz für die ägyptische Großarchitektur,
die Schaffung einer Verbindung auf der Hauptausstellungsebene als
geschlossener Rundgang und Optionen für Anschlüsse an
die benachbarten Museumsgebäude. Die Frage ist: Gibt es eine
Lösung, die diese Forderungen preiswerter erfüllt?
Und warum wollen
Sie auf der Museumsinsel mit dem Ägyptischen Museum ab 2005
auch noch ein Provisorium errichten?
Die Museumsinsel
besteht ja nicht in erster Linie aus Gebäuden, sondern aus
Sammlungen. Dabei spielt die Ägyptische Sammlung eine bedeutende
Rolle. Wir diskutieren seit eineinhalb Jahren, wie es möglich
ist, die Ägypter früher als 2009 auf die Insel zu bringen.
Das Alte Museum ist hierfür ideal. Dort haben wir erfolgreiche
Wechselausstellungen veranstaltet, aber die können genauso
gut in den Gropius-Bau. Der erste Stock ist mit 1200 Quadratmetern
so groß wie das Charlottenburger Museum; wir können bis
zur Eröffnung des Neuen Museums spielerisch eine neue Präsentation
der Ägyptischen Sammlung erarbeiten. Was uns dafür fehlte,
war das Geld.
Geld, das für
den Umbau nötig wäre.
Ja, wir müssen
die Infrastruktur im Alten Museum teils erneuern und eine Ausstellungsarchitektur
erstellen, die dem Besucheransturm gewachsen ist. Die gute Nachricht:
Wir haben jetzt eine Finanzierung. Das Kuratorium Museumsinsel,
in dem die großen Unternehmen Deutschlands vereinigt sind,
hat uns vor 14 Tagen zugesagt, dass sie den Umbau im ersten Stock,
den Umzug und die Einrichtung der Ausstellung übernehmen. Es
geht um Millionenbeträge. Die übrigen Verbesserungen tragen
wir aus eigenen Mitteln.
Können
Sie das genauer beziffern?
Es ist ein hoher
einstelliger Millionenbetrag. Wohlgemerkt: Das sind keine öffentlichen
Mittel, sondern echte Mäzene. Sie ermöglichen es uns,
schon 2005 alle Sammlungen auf der Insel zu vereinigen. Und es bedeutet
für uns auch eine wichtige strategische Unterstützung
bei den Planungen.
Das heißt,
der östliche Stülerbau in Charlottenburg, der bisher die
Ägypter beherbergte, bietet deshalb dann Platz für die
Sammlung Scharf?
Exakt. Jetzt
konnten wir sagen: Mit Charlottenburg klappt es schon früher.
Dass wir den Standort anders profilieren müssen, war klar.
Durch die Surrealisten-Sammlung haben wir neben der von Heinz Berggruen
eine wunderbare Abrundung des Quartiers.
Geht das nicht
auf Kosten der Nationalgalerie? Je mehr Einzelsammlungen der Moderne
nach Berlin kommen, desto mehr wird die Nationalgalerie in den Schatten
gestellt.
Es ist in der
Tat ein Akzent, der in die unmittelbare Zuständigkeit der Nationalgalerie
gehört. Wir wollen das über die Kuratoren auch vernetzen.
Aber da der westliche Stülerbau mit der Sammlung Berggruen
nun einmal so prominent besetzt ist, waren wir verpflichtet, die
Qualität auch beim Gegenüber zu halten.
Wäre eine
Aufwertung des Standorts Charlottenburg mit Helmut Newton nicht
noch besser? Die ursprüngliche Planung, die NewtonSammlung
in den östlichen Stülerbau zu verlegen, war doch nur am
Zeitplan gescheitert.
Für Newton
hätten wir zu viel umbauen müssen, das wäre sehr
teuer geworden. In der Jebensstraße, wo die Sammlung 2004
eröffnen soll, ist das nicht der Fall. Außerdem gab es
noch ein anderes Argument: Das Gebäude
der Jebensstraße gehörte Berlin, wir nutzten es nur für
unsere Depots. Dann wurde das Gebäude dem Liegenschaftsfonds
des Landes Berlin zugeschlagen und sollte verkauft werden; wir hätten
dort ohnehin ausziehen müssen. Die Idee, die Jebensstraße
mit der Newton-Sammlung neu zu nutzen, hat nicht nur diese Gefahr
abgewendet, sondern uns für den symbolischen Preis von einem
Euro zu Eigentümern gemacht. Außerdem ist es ein Identifikationsort
für Newton, und er liegt zwischen der UdK und der TU Berlin.
Nun
müssen stattdessen die Depots in das Museum für Europäische
Kulturen in Dahlem umziehen.
Ein
großer Teil der Depots gehört ohnehin zu diesem Museum.
Wir sind mit dem jetzigen Ausstellungsbereich des Museums in Dahlem
nicht gut bedient. Das Gebäude im Winkel ist eigentlich ein
Depotgebäude, als Museum ist es ein Provisorium. Deshalb werden
die Europäischen Kulturen nun ins Dahlemer Hauptgebäude
ziehen.
Das bedeutet,
die Dahlemer Museen werden nun doch neu geordnet? Eigentlich sollen
sie doch an den Schlossplatz verlegt werden.
Im Zusammenhang
mit dem zweijährigen Moratorium für den Schlossplatz sind
wir ohnehin gezwungen, uns für Dahlem etwas zu überlegen.
Wir wollen dort ausprobieren, was wir am Schlossplatz vorhaben.
Wir werden unser "Labor der geistigen Begegnung" in Dahlem
eröffnen, mit allen Allianzen, die für den Schlossplatz
geplant sind.
Was gibt Ihnen,
da das Moratorium nun einmal da ist, noch die Hoffnung, dass die
Dahlemer Museen eines Tages wirklich auf den Schlossplatz ziehen?
Ist es nicht eher der Anfang vom Ende der Schlossidee?
Zum einen hat
die letzte Kommission ihre Botschaft deutlich verkündet: Das
Ziel, das Schloss über 80 Prozent kommerzielle Nutzung und
20 Prozent Kunst zu finanzieren, wird nicht weiter verfolgt, sondern
der Vorschlag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurde
inhaltlich bestätigt. Zweitens wollen wir zumindest die Möglichkeit
haben, weiterhin planen zu können. Wer sich einmal abspeisen
lässt, hat ohnehin verloren. Und es gibt noch einen Punkt:
Wenn der Abriss des Palasts der Republik nun erfolgt ...
... das hat
heute der Bundestag entschieden ...
...wird diese
Baugrube, dieses Loch im Herzen der Stadt, eine solch starke Symbolik
bekommen, dass sie dazu zwingen wird, auf dem Schlossplatz zu handeln.
Politiker unterschätzen oft die Kraft solcher Symbole. Ob es
nun das Holocaust-Mahnmal oder das Vertriebenenzentrum ist, diese
Themen entwickeln eine Eigendynamik. Ich glaube deshalb, dass die
öffentliche Meinungsbildung hilfreich für uns sein wird.
Sie sehen optimistisch
in die Zukunft?
Unbedingt. Wir
stehen so schlecht nicht da: Wir haben die Museumsinsel mit den
Sammlungen relativ früh profiliert, wir haben für Charlottenburg
eine gute Perspektive und wir haben einen dynamischen Ansatz für
Dahlem gefunden. Und am Schlossplatz bauen wir jetzt erstmal eine
Infobox.
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